ukraine22 01Haben Medikamente und Verbandsmaterialien in die Ukraine gebracht (von links): Fabian Richter, Markus Muhs, Hendrik Drephal, Felix Timmermann, Michael Konze und Leon Erkeln (nicht im Bild) von der Kyffhäuserkameradschaft Bühne. Foto: Kyffhäuserkameradschaft Bühne

Artikel im Westfalenblatt vom 19.03.2022
Alice Koch

ukraine22 03Bühne WB Die Hilfsbereitschaft für die Menschen in der Ukraine ist ungebrochen. Auch bei den Mitgliedern der Kyffhäuserkameradschaft Bühne. Sie haben Spenden gesammelt und einen Transport mit Medikamenten und Verbandsmaterialien in die Ukraine organisiert.

„Die Unterstützung der Menschen war groß. Sie haben nicht nur Geld gespendet, auch 200 Verbandskästen wurden abgegeben und von den Kyffhäuserkameraden ausgepackt und sortiert“, berichtet Vorstandsmitglied Michael Konze.

Nach etwa zweiwöchiger Spendensammlung und Vorbereitung wurden die letzten Lieferungen der Apotheken aus dem Kreis Höxter und Großzulieferer dann am Donnerstag, 10. März, sortiert und am darauf folgenden Tag in die drei Bullis verladen. Zur Verfügung gestellt wurden sie von Markus Muhs, dem Autohaus Bodach aus Borgholz und der Esso-Tankstelle Hess & Eikenberg in Borgentreich. Probleme, Kameraden zu finden, die mit ihm die riskante Tour wagen, hatte Organisator Michael Konze nicht. „Ich habe meinen Plan in unsere Vorstandsgruppe bei WhatsApp geschrieben, und fünf Minuten später standen schon die Fahrer fest“, zeigt er sich beeindruckt.

Die Fahrer wurden um 21.30 Uhr am Freitagabend am Vereinsheim in Bühne verabschiedet. Den Führungsbulli fuhren Michael Konze und Hendrik Drephal. Den zweiten Transporter steuerten Markus Muhs und Felix Timmermann, den dritten Fabian Richter und Leon Erkeln. Der Konvoi brach gegen 22 Uhr in Richtung der polnisch-ukrainischen Grenze auf.

Nach 14-stündiger Fahrt erreichten die drei Fahrzeuge am Samstagmorgen, 12. März, die Grenzkontrolle bei Krakowez und konnten diese nach etwa drei Stunden Wartezeit überqueren.

„Ganz wichtig für alle, die einen Hilfstransport planen, ist, diesen nur zu unternehmen, wenn sie eine Kontaktperson in der Ukraine haben, sonst ist eine Einreise nicht möglich“, betont Michael Konze. Ohne diesen Kontakt kämen die Spenden nicht in der Ukraine an, sonder verblieben in Polen, wo aber auch Spenden benötigt würden.

Michael Konze und seine Kollegen haben im Grenzgebiet Privatpersonen aus Bielefeld getroffen, die seit zwei Tagen verzweifelt versucht hatten, in die Ukraine einzureisen. „Da sie keine Kontakte zum Militär oder zu Widerstandskämpfern vor Ort hatten, mussten sie wieder zurückreisen. Aber immerhin konnten wir ihnen dabei helfen, ihre Hilfsgüter auf andere Lkws zu verladen, so dass ihre Tour nicht umsonst war“, berichtet der Kyffhäuser.

Da es im Grenzbereich bei einem Fahrzeug zu Problemen mit der Servolenkung kam und dieses deshalb wieder umkehren musste, wurde die Ladung auf die anderen beiden Bullis verteilt und überschüssige Ware an die Feuerwehr aus Kiew, die zufällig vor Ort war, übergeben. Die beiden verbliebenen Bullis sind dann zu einem vereinbarten Treffpunkt mehrere hundert Kilometer in die Ukraine eingereist.

Die Fahrer erlebten unter der Bevölkerung pure Verzweiflung, Angst und Panik, der Flüchtlingsstrom Richtung Grenze war mehre Kilometer lang, Frauen mit Kinder auf den Armen haben sich an Feuern gewärmt und sprichwörtlich um ihr Überleben gekämpft. “Dies wirkte alles sehr surreal und man begriff erst Tage später, was man dort erlebt hat“, beschreibt Michael Konze seine beklemmenden Erlebnisse. Auch er und seine Kameraden hätten große Angst gehabt, aber der Wille zu helfen sei größer gewesen.

Insgesamt sind er und sein Team sehr langsam vorangekommen, da es viele Straßensperren gab und die Straßenverhältnisse eher schlecht gewesen sind. „Etwa alle zehn Kilometer gibt es Kontrollen. Es wird überprüft, ob Spenden an Bord sind und ob der Kontaktmann für diese bürgt. Das wird auch telefonisch geprüft, zu groß ist die Angst vor Spionage“, berichtet Michael Konze.

Generell war die Fahrt mit angelegten schusssicheren SK4-Westen, die das Team schon in Deutschland bekommen hat, sehr unbequem. Doch das Tragen dieser war zwingend notwendig.

Gegen 22 Uhr haben Michael Konze und seine Kollegen ihr Ziel erreicht und konnten das Material übergeben. Übergeben wurden 25.000 Infusionen samt Zubehör, 25.000 Verbandspäckchen, Saugkompressen, Nahtmaterial und anderes Material zur Blutstillung und Wundversorgung. Zudem wurden 50.000 Einheiten eines mittelstarken Schmerzmittels und 12.500 Einheiten eines sehr starken Schmerzmittels und andere Medikamente übergeben.

„Uns wurde von den Soldaten des Volkssturms ein selbst gemachtes Abendessen serviert, und nach etwa drei Stunden Aufenthalt sind wir wieder zurück Richtung Grenze“, berichtet Michael Konze, der von der Dankbarkeit der Menschen vor Ort sehr beeindruckt ist.

Am Sonntagmittag sind er und sein Team wieder in Polen angekommen, und gegen 24 Uhr haben die beiden Bullis Bühne erreicht.

Das ausgelieferte Material ist bereits mittels Lkws in den Frontbereich von Mariupol geliefert worden und wurde dort an die Zivilbevölkerung, an ein Feldlazarett und an die Widerstandskämpfer verteilt.

Jetzt planen die Kyffhäuser einen weiteren Hilfstransport in die Ukraine, für den Material beschafft werden soll. „Wir bitten alle Bürger, weiter zu spenden. Die Lage vor Ort ist kritisch, es ist kaum medizinisches Material vorhanden und wir stehen in engem Kontakt mit den Leuten vor Ort“, schildert Michael Konze.

Aus diesem Grund findet am Freitag, 25. März, ab 20 eine Infoveranstaltung in der Alsterhalle in Bühne statt. Die Kyffhäuserkameradschaft beabsichtigt einen neuen Transport mit medizinischen Material und möchte zeigen, wo das Material aus der letzten Tour gelandet ist.

Wer die nächsten Fahrer sind, steht übrigens auch schon fest. „Und das wieder innerhalb weniger Minuten.“